Eddy Scharf verliert Revision: Gewinne aus Pokerturnieren können in Einzelfällen besteuert werden

GerichtDamit ist die Quadratur des Kreises komplett: Der Bundesfinanzhof erklärt die Besteuerung von Poker-Turniergewinnen als rechtskräftig und bestätigt gleichzeitig, das bestimmte Pokervarianten in Einzelfällen nicht als Glücksspiele sondern als Gewerbe mit Gewinnaussicht anzusehen sind. Formal besiegelt der 10. Senat des Bundesfinanzhofes in seinem Urteil vom 16.09.2015, Az. X R 43/12, nun also das vorangegangene Urteil des Finanzgerichts Köln und stellt fest, „dass Gewinne aus der Teilnahme an Pokerturnieren als Einkommen aus Gewerbebetrieb der Einkommenssteuer unterliegen können“ – aber nicht müssen.

BFH kein Tatsachengericht

Im Prinzip war das Urteil abzusehen, denn der Bundesfinanzhof ist ein Revisionsgericht und keine Tatsacheninstanz. Das bedeutet es werden lediglich die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens und die Anwendung des materiellen Rechtes geprüft, normalerweise jedoch keine neuen Beweise aufgenommen bzw. bereits in früheren Verhandlungen festgestellte Tatsachen erneut in Frage gestellt. Für diese Vorgänge bedarf es einer Berufung.

Widersprüche, Willkür, viele offene Fragen und warum Eddy Scharf verliert

Wann Eddy nun tatsächlich eine Nachzahlung seiner „Einkommenssteuern“ droht und vor allem wieviel die deutsche Pokerikone zu zahlen hat, bleibt aber auch nach der Verhandlung weiterhin offen. Auch ob Gewinne aus dem Cashgame im Spielcasino und Online Poker zu besteuern sind, ist noch unklar. Der BFH formulierte die Sachlage für den Moment zumindest so:

Das Urteil bedeute nicht, „dass jeder Turnierpokerspieler mit dieser Tätigkeit einkommensteuerlich zum Gewerbetreibenden wird. Vielmehr ist – wie bei jedem anderen Streitfall auch – stets zwischen einem "am Markt orientierten" einkommensteuerbaren Verhalten und einer nicht steuerbaren Betätigung abzugrenzen. Diese Abgrenzung findet aber vorrangig nicht bei einem –im EStG ohnehin nicht erwähnten– Merkmal des "Glücksspiels" statt, sondern bei den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen der Nachhaltigkeit und der Gewinnerzielungsabsicht„. Aha.

Außerdem stellte der BFH nebenbei fest, dass Holdem und Omaha keine Glücksspiele sind, denn im „vorliegenden Verfahren hat die Vorinstanz aber durch Auswertung zahlreicher Quellen festgestellt, dass die vom Kläger gespielten Pokervarianten nicht als reines Glücksspiel anzusehen seien, sondern schon bei einem durchschnittlichen Spieler das Geschicklichkeitselement nur wenig hinter dem Zufallselement zurücktrete.“ So so.

Ausblick – kommt Poker aus der Grauzone?

Seien wir ehrlich: Das primäre Problem des Finanzamtes ist in diesem Fall, dass Eddy den Löwenanteil seiner Gewinne im Ausland gemacht hat und selbst wenn er in hiesigen Casinos Rake bis zum Umfallen generiert hätte, wären die daraus resultierenden steuerlichen Abgaben ein Witz. Das Spiel Poker ist eben im Gegensatz zu den üblichen, konzessionierten Glücksspielen ein Sonderfall. Man möchte hier jedoch trotzdem gerne irgendwie partizipieren, schließlich fließen Millionen. Also tut man das für die „Gewinner“ im Pokermarkt bequem über den Weg der Einkommenssteuer, während man die „Verlierer“ weiterhin Rake und damit ebenfalls Steuern anhäufen lässt. 2 Fliegen, ein Fiskus.

Man kann dem Finanzamt hier allerdings eigentlich nicht mal böse sein, schließlich zahlt jeder Sportprofi (mit Ausnahmen) seinen fairen Beitrag in die Staatskassen, warum sollte dasselbe nicht für Pokerprofis gelten? Genau, weil Poker laut allgemeiner Rechtssprechung bisher in Deutschland kein Sport, sondern Glücksspiel ist. Die Finanzgerichte sind nun aber zu der Überzeugung gekommen, Poker sei ein Spiel, bei dem schlechtere Spieler, wie in jedem Sport, gegen bessere verlieren. Das Urteil sollte also normalerweise nicht als Rückschritt, sondern als Fortschritt für den Pokerstandort Deutschland angesehen werden, bestätigt es doch, was wir alle schon längst wussten – Poker ist ein Geschicklichkeitsspiel bzw. ein Denksport und gehört vollständig in die Legalität. Es kann allerdings nicht sein, dass die Exekutive nun inkonsequent vorgeht und einerseits von den Bürgern Gewinne nimmt, Poker aber andererseits mit den anderen Glücksspielen im staatlichen Casinomonopol behält. Hoffen wir dass es in diesem Fall noch zu klärenden Urteilen kommt und die Bank ausnahmsweise verliert. One Time.

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