Poker ist nach deutschem Recht Glücksspiel und als solches natürlich steuerfrei. Oder auch nicht, denn das Finanzgericht Köln urteilte im Jahr 2025 im Fall Eduard Scharf gegen den Fiskus, die Gewinne eines Pokerspielers unterlägen jedenfalls dann der Einkommenssteuer, wenn er regelmäßig über Jahre hinweg erfolgreich an namenhaften, mit hohen Preisen dotierten Turnieren teilnimmt.
Moment, müssten dann laut Steuerrecht wie bei jedem anderen Gewerbe nicht auch Verluste geltend gemacht werden können? Genau das könnte dem Finanzamt jetzt passieren, sollte es tatsächlich auch vor der höchsten steuerrechtlichen Instanz, dem Bundesfinanzhof, Recht bekommen. Das wäre ein Präzedenzfall, der zumindest das Potential hat, die komplette Rechtssprechung in Sachen Poker in Deutschland umzuwerfen, denn dann dürfte Poker logischerweise auch nicht mehr als Glücksspiel gelten – was es für das Finanzegericht Köln, zumindest für überdurchschnittliche Spieler, bereits auch nicht mehr tut.
Das findes Du hier:
Revisionsverhandlung am 16. September
Morgen um 10.00 Uhr beginnt in München die Verhandlung der Revision vor dem Bundesfinanzhof. Offiziell wird die Verhandlung im Terminkalender wie folgt benannt:
„Preisgelder aus Turnierpokerspielen als einkommensteuerbare Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder nicht steuerpflichtige Glücksspielgewinne?“
Ausgang und Folgen des Urteils sind bisher nur schwer einzuschätzen, wenn man betrachtet mit welcher Willkür die deutsche Rechtssprechung das Thema bisher behandelt hat.
Zusammenfassung des ursprünglichen Falls zur Steuerpflicht auf Pokergewinne
Das Finanzgericht Köln fasst den zugrundeliegenden Fall auf seiner Website wie folgt zusammen:
„In dem Verfahren (Az.: 12 K 1136/11) hat ein Flugkapitän geklagt, der seit vielen Jahren an Pokerturnieren teilnimmt und in den letzten Jahren Preisgelder im sechsstelligen Bereich erzielt hat. Diese hat das Finanzamt in dem angefochtenen Steuerbescheid als Einkünfte aus Gewerbebetrieb besteuert. Es steht auf dem Standpunkt, dass Gewinne aus Pokerspielen nur bei einem Hobbyspieler steuerfrei seien. Betreibe ein Steuerpflichtiger das Pokerspiel dagegen berufsmäßig, so erziele er sowohl mit seinen Spielgewinnen als auch mit seinen Fernseh- und Werbegeldern steuerpflichtige Einkünfte.
In der mündlichen Verhandlung stritten die Beteiligten insbesondere darum, ob beim Pokern das Glück oder das Geschick überwiegt. Der Vertreter der Finanzverwaltung verglich das Pokerspiel mit einer sportlichen Auseinandersetzung, bei der derjenige mit den besten analytischen und psychologischen Fähigkeiten gewinne. Demgegenüber sagte der Kläger: "Jeder kann ein Pokerturnier gewinnen. Gerade die großen Turniere werden immer wieder von Anfängern gewonnen. Letztendlich entscheidet das Kartenglück".
Der 12. Senat des Finanzgerichts ließ sich von den Argumenten des Klägers nicht überzeugen. Er wies die Klage mit der Begründung ab, dass Gewinne eines Pokerspielers jedenfalls dann der Einkommensteuer unterliegen, wenn er regelmäßig über Jahre hinweg erfolgreich an namhaften, mit hohen Preisen dotierten Turnieren teilnimmt. Es komme für die Beurteilung der Steuerpflicht nicht darauf an, ob der Erfolg beim Pokerspiel für einen Durchschnittsspieler oder bezogen auf ein einzelnes Blatt auf Zufallsergebnissen beruhe. Maßgebend sei, ob der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten mit guten Erfolgsaussichten an renommierten Pokerturnieren teilnehmen könne und wiederholt Gewinne erziele.
Der 12. Senat hat gegen das Urteil die Revision beim Bundesfinanzhof in München zugelassen. Das schriftliche Urteil wird den Beteiligten demnächst zugestellt und auf der Homepage des Finanzgerichts Köln (nrw) veröffentlicht werden.“
Fazit
Wenn man sich das Urteil des Finanzgerichts Köln durchliest, wird selbst der Justiz Laie erkennen, dass es auf sehr wackeligem Fundament steht und mit mehreren Logikfehlern behaftet ist. Laut dem Urteil beruht Poker für einen „Durchschnittsspieler“ zwar auf Zufallsergebnissen, mit entsprechenden „individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten“ könne man allerdings mit „guten Erfolgsaussichten an renommierten Pokerturnieren teilnehmen“ und „wiederholt Gewinne erzielen„. Der „Vertreter der Finanzverwaltung“ geht im Prozess sogar so weit und vergleicht „das Pokerspiel mit einer sportlichen Auseinandersetzung„, „bei der derjenige mit den besten analytischen und psychologischen Fähigkeiten gewinne„.
Laut Urteil bedeutet dass im Klartext Poker ist für den Durchschnittsspieler ein Glücksspiel und für den überdurchschnittlichen Spieler ein Geschicklichkeitsspiel.
In der allgemeinen Definition gelten Glücksspiele mit Geschicklichkeitsspielen aber als komplementär (durch die Verneinung des einen trifft das andere zu), oder einfacher gegensätzlich ergänzend. Das heißt für ein Spiel kann nur ein Zustand gelten – entweder Geschicklichkeitsspiel oder Glücksspiel, aber niemals beides gleichzeitig. In der aktuellen Version des Glücksspieländerungsstaatsvertrags ist eine Bedingung für ein Glücksspiel außerdem, dass „die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt„.
Hier könnte man nun argumentieren, dass der Gewinn des Hobbyspielers durch seine eingeschränkten Fähigkeiten dem Zufall unterliegt, der Profi durch Strategie und Finesse die Gewinnchancen aber so beeinflussen kann, dass er auf Dauer gewinnt – was ja auch tatsächlich der Fall ist. Nur wäre dann auch jeder Sport für jeden Hobbyspieler ein Glücksspiel, da er normalerweise gegen einen Profi ebenfalls nur durch Glück gewinnen kann, aber langfristig verliert. Und wenn wir den Gedanken weiterspinnen – wo hört der Hobbybereich auf, wann fängt der professionelle Bereich an? Ist jeder der beim Pokern verliert ein Glücksspieler und der Gewinner ein Geschicklichkeitsspieler? Vielleicht hat der Bundesfinanzhof die Antworten.
